Letzte Woche hat mich eine sehr sympathische Anfrage per E-Mail erreicht. Eine Dame beschrieb darin, dass sie schon lange die Notwendigkeit sieht, dass ihre Firma in Social Media aktiver sein sollte, dass sie es als Mitarbeiterin des Marketings es aber kapazitär nicht schaffe und – das Hauptproblem – ihr Chef ihre Auffassung weniger teilte. Es gab zwar die Überlegung, den Azubi dafür abzustellen, aber die Dame findet, dass Social Media wichtig genug sei, um das Ganze professionell aufzuziehen.
Vorteile von Social Media für Unternehmen
Dieser Konstellation begegne ich leider auch noch sehr oft. Deshalb habe ich der Dame ein paar Argumente zugemailt, die ihr dabei helfen sollten, ihren Chef zu überzeugen. Diese möchte ich auch mit euch teilen – für den Fall, dass es noch mehr Chefs oder Chefinnen zu überzeugen gilt.
Social Media als Teil der Unternehmenskommunikation
Viele stellen sich unter Social Media das spaßige Posten von Selfies vor – was es natürlich auch sein kann. Aber Unternehmen sollten verstehen, dass die Kommunikation über Social Media eine weitere Form der Unternehmenskommunikation darstellt – genauso wie beispielsweise das Versenden von Pressemitteilungen oder das Drucken von Produktkatalogen. (Und ich vermute, dass Unternehmen solche Kommunikationsmaßnahmen nicht mal eben einen Azubis in Eigenregie durchführen lassen würden, oder?) Social Media stellt weitere Möglichkeiten der Kommunikation sowie kostenlose Kanäle zur Verfügung, über die kostenlos Botschaften, Produkte und Dienstleistungen präsentiert werden können.
Ziele im Social Media Marketing
Je nach Zielsetzung können die sozialen Netzwerke als zusätzliche Vertriebs- oder Akquisekanäle eingesetzt werden. Auch haben Unternehmen in den sozialen Netzwerken die Chance, sich als attraktiver Arbeitsgeber zu präsentieren und Nachwuchs darüber zu rekrutieren. Allerdings gebe ich immer zu bedenken, dass die Neugewinnung von Kunden sowie die Personalrekrutierung etwas sind, das nicht von heute auf morgen geschieht, sondern Zeit benötigt. Wie auch bei analogen Geschäftsbeziehungen muss hier Vertrauen aufgebaut werden. Und das gelingt u.a. durch den regelmäßigen Kontakt und Austausch, was beides über Facebook, Instagram, Twitter, LinkedIn & Co. möglich ist.
Kein Social Media ist keine Option
Ein weiterer, sehr wichtiger Punkt: Wer nicht sichtbar ist, findet nicht statt. Und: Wer nicht sichtbar ist, überlässt der Konkurrenz das Spielfeld. Ein sehr unappetitliches Beispiel, das mir dazu einfällt, ist das rechtspopulistische, politische Spektrum in Deutschland, das leider, leider sehr gut verstanden hat, wie sie Social Media für sich einsetzen können, um für bestimmte Themen auf ihrer Agenda zu mobilisieren. Bedauerlicherweise kann ich das nicht – bis auf ein paar brillante Ausnahmen – für den Großteil der restlichen deutschen, politischen Landschaft behaupten. Da sieht das Ganze eher so aus.
Und das ist sehr schade, denn es wird viel Potential verschenkt. Wir müssen nur in die USA schauen - und an dieser Stelle komme ich mit dem zweiten unappetitlichen Beispiel um die Ecke. Niemand Geringeres als Donald Trump nutzte und nutzt seinen Haus- und Hof-Kanal Twitter auf geradezu vorbildliche Weise für seine Themen und seinen Wahlkampf. Ich bin überhaupt kein Fan von Trump, wirklich nicht! Aber leider muss ich ihm und seinem Team zugestehen, dass sie - abgesehen von einigen wirklich dummen Tweets und Posts in den vergangenen Wochen - verstanden haben, wie sie Social Media für sich einsetzen können. Ständig wird weltweit in der Presse über Trumps Tweets gelacht, geschimpft und spekuliert. Dieser Tweet von Trump himself löste 2017 eine Kontroverse (und die Überarbeitung der Twitter-Richtlinien) aus.
Es wurde heftigst darüber debattiert, ob dieser Tweet als Kriegserklärung an Nordkorea zu interpretieren sei und welche Folgen er nach sich ziehen könnte. Und nicht nur das: Sogar Twitter stand unter Beschuss, weil dieser Tweet stehen bleiben durfte, da er von öffentlichen Interesse sei (heute würde Twitter mit solch einer Angelegenheit womöglich anders umgehen).
Nicht, dass ein US-Präsident zusätzliche Publicity nötig hätte, aber bei Trump habe ich immer ein bisschen das Gefühl, er agiere frei nach dem Motto: Bad publicity is better than no publicity.
In inhaltlicher Hinsicht halte ich Trumps Social-Media-Aktivitäten nicht für nachahmenswert (stellt euch mal vor, unsere Angi hätte solch einen Tweet veröffentlicht!). Aber in Sachen Agenda-Setting (und das Umgehen der Gatekeeperfunktion der klassischen Medien) sowie in Sachen Personal Branding können sich Politiker und CEOs in Deutschland meiner Meinung nach das Ein oder Andere abgucken.
Ich hoffe, ich konnte mit diesen Beispielen deutlich machen, warum weder politische Akteure noch Unternehmen denken dürfen, dass Social Media im Jahr 2020 immer noch keine Relevanz habe und dass sich doch der Azubi damit beschäftigen sollte. Social Media kann, richtig eingesetzt, ein unheimlich mächtiges Instrument sein, um sich Gehör zu verschaffen und auf sich aufmerksam zu machen.
Meine Auflistung an Pro-Argumenten für Social Media lässt sich auf jeden Fall um weitere Punkte ergänzen. In meinem letzten Blogbeitrag findet ihr noch mehr Zündstoff für Chefs und ChefInnen.
Ob die eingangs erwähnte Dame ihren eigenen Chef überzeugen konnte, habe ich leider nicht erfahren. Schlimmstenfalls muss jetzt doch der Azubi dran glauben und schlimmstenfalls könnte das dann so aussehen.
Nachtrag vom 24.08.2020: Wie sich herausstellte, konnte die Dame ihren Chef überzeugen. ;)
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